KÖ-BOGEN II
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- Düsseldorf, Germania
- Anno
- 2020
- Cliente
- CENTRUM, b&l gruppe
Der zweiteilige Geschäfts- und Bürobaukörper Kö-Bogen II entsteht am Gustaf-Gründgens-Platz in direkter Nachbarschaft zu den Architekturikonen Dreischeibenhaus und Düsseldorfer Schauspielhaus. Durch seine verschiedenen Bauhöhen reagiert der Neubau von ingenhoven architects auf den umliegenden Baubestand und gewährt einen öffnenden Blick auf die denkmalgeschützten Solitäre und den dahinterliegenden Hofgarten. Die Dächer und Fassaden des Ensembles sind intensiv begrünt und lassen ein neues grünes Herz in der Düsseldorfer Innenstadt entstehen. Nachhaltige Architektur zu schaffen, ist für ingenhoven architects eine Selbstverpflichtung. Der Kö-Bogen II erhielt bereits die höchste Auszeichnungsstufe DGNB-Platin als Vorzertifikat.
Ein neuer Gebäudetyp entsteht
Die besondere Kubatur des zweiteiligen Ensembles ist aus der städtebaulichen Situation geboren.
Auf 42.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche werden verschiedene Nutzungen wie Einzelhandel, Gastronomie, Büro und Naherholung miteinander kombiniert. Das fünfgeschossige trapezförmige Hauptgebäude bildet zusammen mit einem kleineren dreiecksförmigen Gebäude eine talartige Situation. Zum ersten Mal seit Abriss der ehemaligen Hochstraße „Tausendfüßler“ ist die Sicht auf das Dreischeibenhaus und das Schauspielhaus frei. Der Neubau wird diese Tatsache unterstreichen und die Nachkriegsikonen inszenieren. Von der Königsallee oder der Berliner Allee über die Schadowstraße kommend bilden die beiden Gebäude des Neubaus mit ihren zueinander abgeschrägten Fassaden einen dynamischen Durchgang, der gleichzeitig den Blick auf das Schauspielhaus öffnet. Zum Schauspielhaus hin ist die Fassade des Hauptgebäudes ebenfalls abgeschrägt – eine Verneigung vor dem denkmalgeschützten Gebäude.
Um der gesamten städtebaulichen Situation Rechnung zu tragen, hat man sich mit dem Kö-Bogen II bewusst gegen eine klassische Blockrandbebauung, wie sie im Bereich der Einkaufsmeile Schadowstraße zu finden ist, entschieden. Zudem wurde die Idee von grüner Architektur hier konsequent verfolgt und unterscheidet sich damit von herkömmlichen Architekturlösungen.
Acht Kilometer Hainbuchenhecken – Das ist supergreen®!
Der Kö-Bogen II zieht das Grün des angrenzenden Hofgartens programmatisch in die Innenstadt. Die Fassaden des Hauptgebäudes sind begrünt, ebenso wie das schräg verlaufende Dach in rund 27 Metern Höhe. Die üppige Fassadenvegetation dient als natürlicher Kältespeicher, reduziert den innerstädtischen Wärmeeffekt, spendet saubere, feuchte Luft und fördert Biodiversität. Auch das begehbare Schrägdach des zweiten, dreiecksförmigen und sich zum Dreischeibenhaus hin bis auf zehn Meter Höhe aufschwingenden Gebäudes mit gastronomischer Nutzung ist begrünt; mit seiner Rasenfläche lädt es die Passanten zum Sonnen, Erholen und Entspannen ein.
Das Hauptgebäude präsentiert sich zum Gustaf-Gründgens-Platz hin gewissermaßen als schräg ansteigender Park mit Hainbuchenhecken von insgesamt acht Kilometern Länge, deren Laub während des Jahres in unterschiedlichen Farben in Erscheinung tritt. Die Grünfassaden- und -dachplanung basierte auf detaillierten Gutachten zu Standorteigenschaften und geeigneter Bepflanzung. Die Auswahl eines optimalen Begrünungssystems für die in diesem Kontext geeignete Pflanzenart Hainbuche erforderte einen besonderen Blick sowohl auf ein hinreichendes Entwicklungspotenzial der Bepflanzung als auch auf die Betriebssicherheit des Begrünungssystems. Und nicht zuletzt ist ein fachkompetentes Entwicklungs- und Unterhaltungspflegekonzept für die Nachhaltigkeit des Systems essenziell.
Während die Begrünung auf dem Dach des Kö-Bogen II nach konventionellen Methoden als Ballenware in Pflanzenbeeten erfolgt, wurde für die nord- und westwärts ausgerichteten Fassaden ein individuelles Begrünungssystem aus horizontal angeordneten Behältern entwickelt. Diese sind mithilfe einer eigenen Tragkonstruktion fest mit der jeweiligen Fassade verbunden.
So werden bereits seit 2016 die Heckenelemente der Fassade in einer Baumschule auf ihren Einsatz vorbereitet; die Baustelle erreichen sie im Herbst 2019 mit einem bereits vollständig etablierten Wurzelsystem.
Die Stadt zu Ende denken
Das Konzept für den Kö-Bogen II umfasst auch die städtebauliche Neugestaltung des Gustaf-Gründgens-Platz. Dieser fungierte lediglich als „Betondeckel“ für eine darunterliegende Tiefgarage – ein Platz ohne Aufenthaltsqualität und gesellschaftlichen Nutzen. 1992 präsentierte Christoph Ingenhoven erstmals seine Idee einer groß angelegten Stadtreparatur. Daraus entstand das Projekt Kö-Bogen, welches in mehreren Bauabschnitten die Revitalisierung eines urbanen Raums anstrebte, der noch bis 2013 von einer Hochstraße dominiert wurde.
Endlich wird die Chance genutzt, die sich durch die Verlagerung des bisher oberirdischen Verkehrs des „Tausendfüßlers“ in einen Tunnel ergibt: eine direkte Verbindung des Stadtraums zwischen Joachim-Erwin-Platz (ehemals Jan-Wellem-Platz) und Gustaf-Gründgens-Platz. 2014 belegten ingenhoven architects im Rahmen eines internationalen Städtebauwettbewerbs den ersten Platz für das Teilprojekt Kö-Bogen II. Es ist der erfolgreiche Abschluss eines Düsseldorfer Stadterneuerungsprojektes, um das sich ingenhoven architects durch Studien, städtebauliche Entwürfe und Bauprojekte seit Jahrzehnten bemühen.
Die Neugestaltung des Gustaf-Gründgens-Platz bedeutet nicht weniger, als diesen Bereich der Innenstadt mit sich selbst zu versöhnen. Es geht nicht darum, eine historische Rekonstruktion anhand der vormaligen Straßenzüge vorzunehmen, sondern „die Stadt zu Ende zu denken“.
Die zuvor geschlossene Betondecke des Gustaf-Gründgens-Platz erhält unter anderem durch Bauminseln, Sitzmöglichkeiten, gastronomische Angebote und ein innovatives Beleuchtungskonzept neue Vitalität.
Eine bautechnologische Höchstleistung
Zu dem Geschäfts- und Bürohaus gehört auch eine fünfgeschossige Tiefgarage mit 670 Stellplätzen. Die sogenannte Deckelbauweise macht eine Fertigstellung des komplexen Vorhabens in nur knapp drei Jahren Bauzeit möglich. Nach Abbruch der vorhandenen Tiefgarage wurde eine 17 Meter tiefe Schlitzwandbaugrube ausgehoben. 98 in Schlitzwandbarette eingestellte Primärstützen garantieren gemeinsam mit zwei Betondeckeln, dass gleichzeitig nach oben und nach unten gebaut werden kann. Diese tragenden Stützen erhielten 2017 einen ersten statisch wirksamen Deckel, unter dem vier weitere Parkebenen als Ersatz für die vorherige 3-geschossige Tiefgarage entstehen. Oberhalb des Betondeckels wurde gleichzeitig das oberirdische Gebäude vorangetrieben. 2018 wurde ein zweiter Deckel mit statisch aussteifender Funktion eingezogen, unter dem sich die tiefste Parkebene befindet. Die Deckelbauweise steht für eine enorme Effizienzsteigerung – nur so konnten Richtfest und Grundsteinlegung parallel zelebriert werden. Einer geplanten Eröffnung des Kö-Bogen II im Frühjahr 2020 steht nichts im Wege.